Nun ja, was ich da vorgestern erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut.
Die Wohnung war ok, wenn sie auch etwas anders wirkte, als auf den Bildern. Immernoch in Ordnung. Aber schon als wir ankamen, wurde mir ganz komisch.
Dann vor dem Haus - links und rechts weitere dieser riesigen Hochhäuser. Ich fühlte mich sofort unwohl.
55 Namen auf dem großen "Türschild", wo elendig viele Klingeln waren.
Unten im Haus sitzt ein Pförtner, zwar nur wochentags, aber allein schon die Tatsache, dass da einer sein muss, zeugt doch schon davon, dass hier irgendwas krumm läuft.
90 % der Namen auf dem Türschild waren nicht deutsch. Von Mohammed über Djokic über Hoods - alle Nationalitäten vertreten, bunt gemischt.
Dann der Stereotyp gegenüber auf einem Parkplatz: Ein junges Paar mit Kind, vermutlich türkisch. Leben in einer solchen Gegend, aber einer der neusten Mercedes-Wagen steht vor der Tür. Soetwas werde ich nie verstehen, aber jeder wie er mag..
Das Treppenhaus wirkte total unpersönlich. Bis zum Fahrstuhl von Kameras überwacht! DAS sagte mir alles.
Dass die Türen der Fahrstühle mittlerweile alle aus Glas sind, hat einen guten Grund:
Meine frühere Kollegin in der Ausbildung erzählte damals, dass sie in eins dieser Häuser zogen, die ein paar Straßen weiter waren, aber immernoch zu dieser Ghetto-Gegend gehörten. "Nebenan" war der Pinassenweg - eins der schlimmsten Hochhäuser überhaupt - mittlerweile wurden die aber abgerissen, glaub ich.
In diesen Fahrstühlen waren Vergewaltigungen von Frauen angeblich keine Seltenheit.
Daran erinnerte ich mich plötzlich, als wir im Aufzug in den 10. Stock hochfuhren.
Wenn dir bis dahin jemand folgt, dann hast Du verloren - wenn Du blöde Nachbarn hast, die nicht eingreifen, wenn jemand schreit, dann war es das - da oben sind nämlich keine Kameras mehr. Die Flure waren groß und breit. Viel mehr wie in einem Parkhaus.. die Türen darin sahen auch eher so aus.
Mein Vater fragte die Hausverwalterin, ob sie selber hier einziehen würde. Sie verneinte - versuchte eine Ausrede zu finden - sie käme vom Dorf, da wäre das ja was ganz Anderes..
Ja nee, ist klar.
Mein Vater war bis hierhin noch nicht so sehr abgeneigt, wie ich.. wunderte mich eigentlich. Er versuchte es etwas schönzureden, aber geklappt hat es bei mir nicht. Zu Hause legte ich dann mal die Fakten auf den Tisch über das, was ich über die Gegend weiß, die sich HUDEKAMP nennt.
Eine andere Arbeitskollegin erzählte mir mal, dass dort die Einkaufswägen aus dem obersten Stockwerk vom Balkon geschmissen werden (unten haben wir sie auch schon rumstehen sehen).
Ihr Bruder bekam einen Roller geschenkt und vergaß seinen Helm oben. Als er wieder runter kam, war sein Roller in Feuer und Flammen.
Weitere Recherchen untermauerten meine Aussagen. Der Hausmeister war neu und draußen auf dem Gelände und auf einmal hörte er einen lauten Knall. Da dachte er: "So, das ist es jetzt gewesen!"
Da hatte einer ein volles 60 Liter (!) Aquarium vor Wut aus dem Fenster geworfen.
Tja, auch das ist Hudekamp.
Drogen, Kriminalität, Spritzbesteck in Plastiktüten auf dem Spielplatz..
Der Spiegel schrieb über das Hudekamp. Der soziale Brennpunkt.
Der NDR strahlte einen einstündigen Heimatfilm über das Hudekamp aus - war sehr interessant. Hab ich mir gestern angesehen.
Einer sagt, manchmal hört man nachts Schreie im Haus. Aber man gewöhnt sich dran. Das ist, als ob man am Meer wohnt - irgendwann hört man das einfach nicht mehr.
Um Gottes Willen.. ich kann in so einem Haus, wo ich jeden Tag echt Angst um mein Leben hätte, nicht leben. Du weißt ja nie, wer da vor deiner Tür steht!
Ich könnte meine Wohnung nie für eine Woche Urlaub allein lassen. Ich hätte Angst, da bricht jemand ein.
Nein.. das war SO schrecklich und so ein großes Elend.. mir ist unverständlich, dass dort Leute freiwillig leben.
2 Tage war ich total verzweifelt, weil ich dringend eine Wohnung brauchte.. und dann.. wie sagt man so schön?
Wo sich eine Tür schließt, geht eine andere für dich auf :)
Darüber mehr beim nächsten Mal.